08.08. – Kazurabashi Onsen
Der nächste Umzug stand an und etwas traurig verließen wir 8:40 Uhr unser tolles Hotel, da wir noch nicht ahnten, was uns als nächstes erwartete.
Wir fuhren mit der Tram zum Bahnhof und stiegen in den Zug um. Die Schienen führten uns den gleichen Weg zurück, den wir vor einigen Tagen nach Matsuyama genommen hatten. Da die Bauarbeiten an dem beschädigten Streckenabschnitt noch immer nicht abgeschlossen waren, musten wir auch dieses Mal wieder einen kleinen Umweg mit dem Bus nehmen. Aber auch heute war der Umsteigeprozess perfekt durchorganisiert und die Wartezeiten wurden auf ein Minimum verkürzt. In Tadotsu angekommen wechselten wir wieder zum Zug und reisten weiter in das Herz von Shikoku. Zum Ersten Mal bekamen wir leider keine Sitzplätze im Zug und mussten die etwa einstündige Fahrt im Gang verbringen. Als der Zug an unserer Haltestelle stoppte, stiegen wir in Oboke aus, einem wirklich sehr kleinen Ort, mitten in den grünen Bergen der Insel.
Eine weitere Stunde später holte uns dann der Bus ab, der uns zu unserem nächsten Hotel bringen sollte. Nachdem sich das Gefährt etwa 17 Minuten lang die schlauchigen Serpentinen der Berge hinausgeschlängelt hatte, erreichten wir das Kazurabashi Onsen Hotel. Wir hatten uns dieses abgelegene Hotel für einen Tag ausgesucht um einmal in mit natürlichen, heißem Bergwasser befüllten Onsen baden zu können.
Am Hotel angekommen wurden wir sofort von einem Angestellten erwartet und begrüßt. Gleichzeitig nahm er unsere Koffer entgegen und brachte sie wohl schon auf unser Zimmer. Als wir vor dem Eingang standen, entdeckte ich, dass dort mein Name an einem großen Türschild stand. Etwas verwundert betraten wir die Lobby und wurden zum Empfang geführt. Hier fragte die nette Empfangsdame auch nach mir und meinem Passport. Scheinbar haben die bei der Buchung nicht Sven, wie sonst auch, sondern mich als Hauptansprechpartner angelegt. Wir wurden befragt, wann wir unser Abendessen und unser Frühstück möchten, uns wurden die Öffnungszeiten und die Verortung der Onsen erklärt und eine Route zur Kazurabashi (eine freihängende Brücke aus Ranken). Danach wurden wir auf unser Zimmer im japanischen Stil geführt, in dem auch schon unsere Koffer standen. Wir wurden gebeten uns an den Tisch im Zimmer zu setzen. Als wir dies taten ging der uns führende Mann in den Nebenraum und kam kurze Zeit später mit drei Tassen Tee wieder heraus. Diese servierte er uns und es roch angenehm nach Zitronen. Beim Probieren des Getränkes schmeckte es aber nicht wonach es roch. Es war eher eine Art Brühe, schmeckte aber sehr gut. Nachdem uns der Hotelangestellte unsere Yukata überreicht hatte, verschwand er ersteinmal. Wir inspizierten kurz das restliche Zimmer und entdeckten die Toilette, welche nicht nur wieder sehr viele Bedienelemente vorweisen konnte, sondern sich auch öffnete, sobald man den Raum betrat.
Im Anschluss zogen wir los um und die Kazurabashi anzusehen. Etwa 15 Minuten Fußweg vom Hotel entfernt fanden wir dann das Bauwerk. Eine aus Ranken geformte Brücke, welche über eine kleine Schlucht führte. Es ist sehr erstaunlich, wie diese Konstruktion standhalten kann. Hinter der Brücke befand sich dann noch der Biwanotaki, ein 50 Meter hoher Wasserfall. Wir harrten dort jedoch nicht lange aus, denn als Nächstes wollten wir in das hoteleigene Open Air Onsen. Also zurück ins Hotel, Yukata angezogen und auf zur Badestelle.
Um diese zu erreichen mussten wir noch ein Stück höher in die Berge und dies geschieht mit einer Seilbahn, genauer ein kleines Häuschen auf Schienen, welches den Abhang hochgezogen wird. Auf dem Weg dorthin wurden uns von einer älteren Hotelangestellten die passenden Latschen für diese Strecke vor die Füße gestellt. Das war einem direkt etwas unangenehm, aber scheinbar Teil des Service. Generell ist dieses Hotel schon sehr gehoben und man wird sehr zuvorkommend behandelt. Bei den Onsen angekommen, wuschen wir uns, wie es so üblich ist, und stiegen dann in das, mit warmem Wasser gefüllte, Steinbecken. Es war nicht so heiß, wie in Matsuyama, aber ausreichen warm um sich entspannen zu können. Der Vorteil an diesem Bad: man hat einen genialen Ausblick auf die umliegenden Berge und kann wunderbar abschalten. Neben dem eigentlichen Bad hat es noch zwei große Bottiche, in die man sich als einzelne Person setzen konnte. Das Wasser dort hatte die gleiche Temperatur. Nach etwa einer Stunde begaben wir uns dann wieder in unser Zimmer, denn um 19 Uhr wurden wir beim Abendessen erwartet.
Und jetzt kommt der überforderndste Teil des heutigen Tages. Als wir auf der zweiten Etage ankamen, wurden wir bereits erwartet und zum Speiseraum geführt. Auch hier legten wir wieder traditionell unsere Latschen ab und wurden zu dem für uns angerichteten Tisch geleitet. Alles hier schrie nach Tradition und so sollte es auch weitergehen. Als wir uns setzten begann der Angestellte damit die Speisen auf dem Tisch abzudecken. Zum Vorschein kamen viele kleine Schälchen, Teller und Töpfe mit verschiedenstem Inhalt. Da wir kein extra Getränk bestellen wollten, erhielten wir, wie üblich, ein Glas Wasser. Sobald wir dieses bekommen hatten, schnellte der Hotelangestellte zu einer Art Feuerschale, die neben unserem Tisch stand. Dort steckten über einer noch glimmenden Glut mehrere große Holzspieße mit ganzen Fischen oder Tofu. Diese reichte er uns nacheinander. Der nächste Gang war dann verschiedenes Gemüse im Teigmantel. Zwischen den immer neuen Gerichten, welche uns an den Tisch gebracht wurden, machten wir uns über die vielen kleinen Spezialitäten her. Diese bestanden z.B. aus verschiedenen Fischsorten, eingelegtem Gemüse, gebratenem Fleisch oder Pilzen. Bis auf ein paar kleine Ausnahmen, die ich aber zumindest probiert habe, habe ich das meiste davon gegessen. Außerdem bekamen wir noch eine Suppe, Nudeln und Reis. Immer wenn ich dachte, ich werde der ganzen Sache Herr, kam etwas neues und ich war wieder überfordert. Zum Nachtisch servierte man uns eine kleine Schale mit Wasser- und Honigmelone und einem kleinen Block Zitronenjelly.
Während wir mit diesem sehr reichlichen Mahl kämpften betrat auf einmal eine Frau den Speiseraum und stellte sich als die Okami (Hausherrin) der Unterkunft vor. Sie dankte uns für unseren Aufenthalt und stimmte zu einem traditionellem Lied an. Nachdem sie ihr a capella Stück beendet hatte erntete sie Applaus und wünschte uns noch einen schönen Abend.
Nach etwa 1,5 Stunden waren wir dann endlich mit dem Abendessen fertig und stapften zurück auf unser Zimmer. Mit viel zu vollen Bäuchen ließen wir den restlichen Abend in Ruhe ausklingen.